Zum Hauptinhalt springen Skip to page footer

Verkehrs-, umwelt- und raumbezogene Aspekte der Elektromobilität unter Berücksichtigung entscheidungstheoretischer Überlegungen zum Nutzerverhalten

Thomas Döring and Birgit Aigner-Walder

sofia Diskussionsbeiträge 2015, No. 5 https://doi.org/10.46850/sofia.9783941627468

Zweifelsohne wirken sich neue Technologien auf die Alltagsmobilität einschließlich der Wahl verfügbarer Verkehrsmitteln aus und implizieren damit verkehrs- umwelt- und raumbezogene Folgen. Der massenhafte Anstieg der individuellen Pkw-Nutzung der zurückliegenden Jahrzehnte wird weitestgehend auf strukturelle Veränderungen zurückgeführt, die sich aus dem Zusammenwirken von technologischer Möglichkeit (hier: der Option „Pkw“) und allgemeinen ökonomischen und sozialen Entwicklungstrends in modernen Industriegesellschaften ergeben (vgl. exemplarisch Kutter 2001; Kutter/Stein 1998). Insbesondere bezogen auf die soziale Akzeptanz von technischen Neuerungen – ökonomisch gesprochen: die Substitutionsbereitschaft zwischen bestehenden und neuen Technologien – muss jedoch die Perspektive des Akteurs und sein individuelles Entscheidungsverhalten stärker in den Blick genommen werden, um die für Verkehr, Umwelt und Raum sich ergebenden Folgen besser abschätzen zu können. Entsprechende Studien, die das individuelle Entscheidungsverhalten im Umgang mit technologischen Neuerungen ins Zentrum der Untersuchung stellen, sind jedoch nach wie vor nur in geringer Zahl vorhanden. So steht beispielsweise außer Frage, dass Neuerungen im Bereich von IuK-Technologien die physische Mobilität nachhaltig beeinträchtigen werden. Gleichwohl sind die vorhandenen theoretischen wie empirischen Befunde der Mobilitätsforschung, wie die Entwicklung von IuK-Technologien die individuelle Mobilitätsnachfrage verändern wird, jedoch unklar oder widersprüchlich. Entsprechend stellt etwa Bamberg (2010) fest: „Die Dynamik dieser Entwicklung ist z.Z. kaum prognostizierbar“. Vor diesem Hintergrund hat unter anderen das Institut für Mobilitätsforschung (ifmo) in Kooperation mit dem Imperial College London jüngst eine Grundlagenstudie gestartet, um den Stand des Wissens zum Einfluss von IuK-Technologien auf das Mobilitätsverhalten aufzuarbeiten. Ein ähnlicher Erkenntnisstand lässt sich für andere verkehrs- und mobilitätsrelevante Technologiebereiche diagnostizieren. Eine der wenigen Ausnahmen hiervon bilden Analysen des Nutzerverhaltens bezogen auf die Akzeptanz neuer Antriebstechnologien im Bereich des motorisierten Individualverkehrs und hier speziell mit Blick auf die Nutzung elektrisch betriebener Fahrzeuge (vgl. stellvertretend Bongard 2014; Fazel 2014; Peters et al. 2013; Haugrund 2013; Pieper et al. 2013; Paternoga et al. 2013; Dudenhöffer et al. 2012; Döring/Aigner 2012; Döring 2012; Ahrend et al. 2011; Peters/Hoffmann 2011; Döring/Aigner 2011). Zu den Elektrofahrzeugen zählen dabeiterminologisch nicht alllein reine batterieelektrisch betriebene Fahrzeuge (BEV), sondern auch solche Elektrofahrzeuge, die entweder über einen Verbrennungsmotor zur Reichweitenverlängerung verfügen (REEV) oder bei denen sowohl ein E-Motor als auch ein Verbrennungsmotor für den Antrieb sorgt, wie dies bei den am Stromnetz aufladbaren Plugin-Hybridfahrzeugen (PHEV) der Fall ist. Schließlich werden zudem Brennstoffzellenfahrzeuge (FCEV), welche die benötigte Energie direkt an Bord des Fahrzeugs erzeugen (z.B. in Form von Wasserstoffbrennstoffzellen), zu den Elektrofahrzeugen gezählt. In Anbetracht dessen sollen nachfolgend exemplarisch die vorhandenen Einsichten zum Nutzerverhalten im Umgang mit der Elektromobilität zusammenfassend dargestellt sowie – wenngleich nur ansatzweise und damit in lediglich rudimentärer Form – einige sich daraus ergebende verkehrs-, umwelt- und raumbezogene Implikationen aufgezeigt werden.

Access full article

References

  1. Ahrend, Ch.; Schwedes, O.; Richter, T. et al. (2011): Nutzerverhalten und Raumplanung Regionale Infrastruktur. Berlin.
  2. Arnold, H.; Kuhnert, F.; Kurtz, R.; Bauer, W. (2010): Elektromobilität – Herausforderungen für Industrie und öffentliche Hand. Frankfurt am Main.
  3. Bamberg, S. (2010): Alltagsmobilität und Verkehrsmittelwahl. In: Linneweber, V.; Lantermann, E.-D.; Kals, E. (Hrsg.), Spezifische Umwelten und umweltbezogenes Handeln. Göttingen, S. 549-586.
  4. Bertram, M.; Bongard, S. (2014): Elektromobilität im motorisierten Individualverkehr. Wiesbaden. DOI: https://doi.org/10.1007/978-3-658-02264-8.
  5. Bongard, S. (2014): ECAR-Studie zur Akzeptanz der Elektromobilität. Ludwigshafen.
  6. Boston Consulting Group (2009): The Comeback of the Electric Car? Boston.
  7. Boston Consulting Group (2010): Batteries for Electric Cars – Challenges, Opportunities, and the Outlook to 2020. Boston.
  8. Bratzel, S. (2015): Mobilitätschip statt eigenes Auto? In: Die Zeit, No. 23 (3. Juni 2015), S. 33.
  9. BSL – Transportation Consultants GmbH & Co KG (2013): Marktreport SPNV – Ein Lagebericht zum Wettbewerb im Schienenpersonennahverkehr. Hamburg.
  10. Bundesregierung (2009): Nationaler Entwicklungsplan Elektromobilität der Bundesregierung. Berlin.
  11. Canzler, W.; Knie, A. (2015): Die neue Verkehrswelt – Mobilität im Zeichen des Über-flusses: schlau organisiert, effizient, bequem und nachhaltig unterwegs. Berlin.
  12. Degelmann, R. (2014): Elektromobilität – ein Hype-Thema? In: VSVI Bayern – Jahres-zeitschrift der Vereinigung der Straßenbau- und Verkehrsingenieure in Bayern e.V., Jg. 5, S. 22-29.
  13. Deutsches Clean Tech Institut (2010): eMobilität – CleanTech-Branche: Treiber im Fokus. Bonn.
  14. Döring, T. (2012): Hat die Elektromobilität eine Zukunft? In: Wirtschaftsdienst Jg. 92, S. 563-571. DOI: https://doi.org/10.1007/s10273-012-1420-1.
  15. Döring, T.; Aigner, B. (2011): E-Mobility – Realistic Vision or Hype? In: Electrical Re-view Vol. 87, S. 37-40.
  16. Döring, T.; Aigner, B. (2012): Zukunftsperspektiven der Elektromobilität – Treibende Faktoren und Hemmnisse in ökonomischer Sicht. In: Wirtschaft und Gesellschaft Jg. 38, S. 103-132.
  17. Dudenhöffer (2014): Pkw-Neuwagen: geringere CO2-Belastungen ohne Zusatzkosten möglich. In: Wirtschaftsdienst Jg. 94, S. 600-602. DOI: https://doi.org/10.1007/s10273-014-1721-7.
  18. Dudenhöffer, F. (2015): Niedrige Treibstoffpreise lassen Neuwagenkäufer in alte Verhaltensmuster zurückfallen. In: Wirtschaftsdienst Jg. 95, S. 548-552. DOI: https://doi.org/10.1007/s10273-015-1864-1.
  19. Dudenhöffer, F., Bussmann, L., Dudenhöffer, K. (2012): Elektromobilität braucht intelligente Förderung. In: Wirtschaftsdienst Jg. 92, S. 274-279. DOI: https://doi.org/10.1007/s10273-012-1374-3.
  20. Dworak, M. (2014): Lampen zu Zapfsäulen. In: Die Zeit, No. 21 (15. Mai 2014), S. 30.
  21. Fazel, L. (2014): Akzeptanz von Elektromobilität – Entwicklung und Validierung eines Modells unter Berücksichtigung der Nutzungsform des Carsharing. Wiesbaden. DOI: https://doi.org/10.1007/978-3-658-05090-0.
  22. FehrAdvice & Partners AG (2012): Beurteilung verkehrslenkender Maßnahmen beim Einkaufsverkehr unter besonderer Berücksichtigung verhaltensökonomischer Er-kenntnisse. Zürich.
  23. Frick, R.; Grimm, B. (2014): Langstreckenmobilität – Aktuell Trends und Zukunftsperspektiven. Bern und Kiel.
  24. Hacker, F.; Waldenfels, R.v.; Mottschall, R. (2015): Wirtschaftlichkeit von Elektromobilität in gewerblichen Anwendungen – Betrachtung von Gesamtnutzungskosten, ökonomischen Potenzialen und CO2-Minderung. Berlin.
  25. Haugrund, S. (2013): Elektromobilität wird deutlich überschätzt. In: Wirtschaftsdienst Jg. 93, S. 643-647. DOI: https://doi.org/10.1007/s10273-013-1577-2.
  26. Heymann, E.; Koppel, O.; Puls, T. (2013): Evolution statt Revolution – die Zukunft der Elektromobilität. Köln.
  27. Hunecke, M. (2006): Zwischen Wollen und Müssen – Ansatzpunkte zur Veränderung der Verkehrsmittelnutzung. In: Technikfolgenabschätzung – Theorie und Praxis Jg. 15(3), S. 31-37. DOI: https://doi.org/10.14512/tatup.15.3.31.
  28. ifeu – Institut für Energie und Umweltfoschung (2011): UMBReLA Umweltbilanzen Elektromobilität - Ergebnisbericht. Heidelberg.
  29. ifmo – Institut für Mobilitätsforschung (2011): Mobilität junger Menschen im Wandel – multimodaler und weiblicher. München.
  30. InnoZ – Innovationszentrum für Mobilität und gesellschaftlichen Wandel GmbH (2014): Klimaneutraler Verkehr in Berlin 2050. Berlin.
  31. Institut der deutschen Wirtschaft (2014): Infrastruktur zwischen Standortvorteil und Investitionsbedarf. Köln.
  32. Kunert, U.; Horn, M.; Kalinowska, D.; Kloas, J.; Ochmann, R.; Schulz, E. (2008): Mobilität 2015 – Der Einfluss von Einkommen, Mobilitätskosten und Demografie. Berlin.
  33. Kutter, E. (2001): Alltäglicher Verkehrsaufwand zwischen Individualität und sachstruktureller Determination. In: Flade, A.; Bamberg, S. (Hrsg.), Ansätze zur Erklärung und Beeinflussung des Mobilitäts-verhaltens. Darmstadt, 205-238.
  34. Kutter, E.; Stein, A. (1998): Minderung des Regionalverkehrs. Bonn.
  35. Lamparter, D.H. (2014): Auf der falschen Spur? In: Die Zeit, No. 41 (1. Oktober 2014), S. 33.
  36. Lamparter, D.H. (2015): Bloß keine E-Subventionen! In: Die Zeit, No. 25 (18. Juni 2015), S. 31.
  37. Maaß, Ch. (2014): Damit es brummt – Eine Pkw-Maut für alle muss her. In: Die Zeit, No. 37 (4. September 2014), S. 11.
  38. Mankiw, N.G.; Taylor, M.P. (2012): Grundzüge der Volkswirtschafslehre, 5. überarbeitete und erweiterte Auflage. Stuttgart.
  39. NPE – Nationale Plattform Elektromobilität (2014): Fortschrittsbericht 2014 – Bilanz der Marktvorbereitung. Berlin.
  40. Paternoga, S.; Pieper, N.; Woisetschläger, D.; Beuscher, G.; Wachalski, T. (2013): Akzeptanz von Elektrofahrzeugen – Aussichtsloses Unterfangen oder große Chance? Wolfsburg.
  41. Pehnt M.; Höpfner, U. (2007): Elektromobilität und erneuerbare Energien. Heidelberg und Wuppertal.
  42. Peters, A.; Doll, C.; Plötz, P.; Sauer, A.; Schade, W.; Thielmann, A.; Wietschel, M.; Zanker, C. (2013): Konzepte der Elektromobilität – Ihre Bedeutung für Wirtschaft, Gesellschaft und Umwelt. Berlin. DOI: https://doi.org/10.5771/9783845270265.
  43. Peters, A.; Hoffmann, J. (2011): Nutzerakzeptanz von Elektromobilität. Karlsruhe.
  44. Pieper, N.; Woisetschläger, D.; Paternoga, S.; Wachalski, G.; Beuscher, T. (2013): Elektromobilität auf dem Prüfstand. Wolfsburg.
  45. Scheiner, J.; Steinberg, G. (2002): Mit dem Flugzeug zum Wandern – Verkehrsinfrastruktur und Tourismus. In: Borghardt, J. (Hrsg.), ReiseRäume – Touristische Entwicklung und räumliche Planung. Dortmund, S. 26-39.
  46. Schneider, N.F.; Hartmann, K.; Limmer, R. (2001): Berufsmobilität und Lebensform – Sind berufliche Mobilitätsformen in der Zeiten der Globalisierung noch mit der Familie vereinbar? Bamberg.
  47. Vogt, W.; Lenz, M.; Klater, F.; Dobeschinsky, H.; Breuer, P. (2001): Die Bedeutung des täglichen Fern-pendelns für den sekundär induzierten Verkehr. Bergisch Gladbach.